Archiv des Autors: Jan Veninga M.A.

Über Jan Veninga M.A.

Ich bin gelernter Jurist, Sozialpädagoge und Religionswissenschaftler sowie Systemisch-Integrativer Coach (DFC) und zertifizierter Trainer für Stressbewältigung & psychologische Gesundheitsförderung (GKM Institut). Meine Expertise zu den Themen Work-Life-Balance, Burnout-Prävention, Stressbewältigung und Resilienz beruht auf einer jahrelangen fachlichen und praktischen Auseinandersetzung hiermit - und natürlich auch auf den Erfahrungen meines eigenen Privat- und Berufslebens. Ich mag den Austausch zu diesen Themen in meinen Coachings, Seminaren & Vorträgen - weil für mich jeder Mensch auf seine Weise ein Gesundheitsexperte ist.

Work-Life-Balance – Surfen auf den Wellen des Lebens

Als arbeitender Mensch in Balance zu bleiben, ist eine Kunst, die ein Gespür für Bedürfnisse, Möglichkeiten, Fähigkeiten, Ressourcen, Anforderungen und Werte in unserem Privat- und Berufsleben erfordert. Um in Balance zu kommen und zu bleiben, müssen wir wissen, was unser persönliches Gleichgewicht ausmacht. Der Begriff Work-Life-Balance ist dabei nicht unumstritten. Nach meinem Verständnis soll damit allerdings nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass Arbeit ein Gegenpol zum ‚eigentlichen‘ Leben, sondern vielmehr ein integraler Bestandteil davon ist. Unsere Arbeit ist dabei im Prinzip eine wichtige Gesundheitsressource, aber in der Praxis belastet sie auch viele Menschen hin und wieder. Die Kunst ist es, meine Arbeit im Zusammenspiel mit anderen Lebensbereichen so zu gestalten, dass diese meiner Gesundheit überwiegend gut tut.

In meinen Coachings und Seminaren zum Thema Work-Life-Balance arbeite ich mit einem Modell, nach dem etwa folgende Lebensbereiche gut aufeinander abgestimmt sein sollten: Leistung & Arbeit, Körper & Gesundheit, Soziales Netzwerk, Umwelt & Umfeld, Sinn & Werte. Im Folgenden möchte ich verschiedene Aspekte dieser Lebensbereiche erörtern.

work-life-balance

Im Bereich Leistung & Arbeit ist es erstmal wichtig, sich seine persönlichen Bedeutungen von Arbeit bewusst zu machen. Beispiele davon sind Lebenssicherung, Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses, Lebensstrukturierung, Gelegenheiten zu Kontakten und Gemeinschaft, Ausdruck von Fähigkeiten, Aufrechterhaltung von Selbstwertgefühl, Persönlichkeitsentwicklung sowie eine Anreicherung der eigenen Lebensperspektive (Hoffmann & Hofmann 2009:1-6). Beispiele von Fragen, die man sich hierzu stellen kann, sind: Wie wichtig ist meine Arbeit für mein Eigenwertgefühl? Bietet meine Arbeit mir die Möglichkeit, mich meinen Fähigkeiten und Wünschen entsprechend einzubringen und zu entfalten? Kann ich mich auch jenseits meiner Leistungen annehmen und wertschätzen? Die Beantwortung solcher Fragen bestimmt die persönliche Gestaltung und Gewichtung meiner Arbeit neben meinen anderen Lebensbereichen.

Work-Life-Balance: Nachhaltige Ausbalancierung meiner Lebensbereiche und Stärkung meiner persönlichen Ressourcen
Work-Life-Balance: Nachhaltige Ausbalancierung meiner Lebensbereiche und Stärkung meiner persönlichen Ressourcen

Im Bereich Körper & Gesundheit bietet sich die Möglichkeit, den eigenen Leib nicht nur als Ort von Leben & Gesundheit, sondern auch als Kompass zur Entwicklung und Anwendung von Gesundheitskompetenzen zu verstehen. Die Ganzheit von Körper und Ich, der Leib also, entwickelt sich schließlich ständig ‚im lebendigen Zusammenspiel und in Wechselwirkungen mit seiner jeweiligen natürlichen und sozialen Umwelt‘ (Milz 1992). Unser Leib ist ein ‚Kompass, der für die Findung der individuell richtigen Maßnahmen der beste Ratgeber ist: unsere inneren Signale, unser Körper-Feedback. Wenn wir unseren Appetit, unseren Bewegungsdrang, unser Bauchgefühl richtig einschätzen, helfen sie uns, die passende Ernährung, Bewegung und das richtige Maß an Belastung zu erkennen’ (Kromm u. Frank 1994:113). Zugehörige Fragen könnten sein: Wie ist mein Verhältnis zu meinem Körper, zum Beispiel wie achtsam oder wertschätzend? Welche Gesundheits- & Wellnessrituale tun mir gut?

Soziales Netz: Das persönliche Netzwerk von Partner, Freunden, Verwandten oder auch Kollegen ist eine Ressource der sozialen Unterstützung und einer gesunden Work-Life-Balance, der darauf basiert, dass ‚der Mensch eine Botschaft empfängt, die ihm das Gefühl verleiht, daß er beachtet und geliebt, geschätzt und für einen wertvollen Menschen gehalten wird und daß er an einem Netzwerk von Kommunikation und gegenseitiger Verpflichtung teilhat‘ (Aronson et al. 1983:144). Prof.Dr. Joachim Bauer dazu: ‚Kern aller Motivation ist, zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung oder Zuneigung zu finden und zu geben‘ und… ‚…die stärkste Droge für den Menschen sind andere Menschen‘. Mögliche Fragen zu diesem Aspekt von Work-Life-Balance sind: Was sind die Stärken meines sozialen Netzes? Was bedeuten mir meine Freunde und Verwandte, mein Partner, meine Kinder, meine Kollegen, auch in Bezug auf meine Gesundheit? Wie kann ich mein privates und berufliches Netzwerk pflegen und stärken?

Umwelt & Umfeld: Hier geht es um die Ressourcen der eigenen Umgebung als äußere Lebens- und Gesundheitsbedingungen. Fragen zu diesem Thema könnten sein: Wo möchte ich leben, in der Stadt oder auf dem Land? Nah zu meinem Heimatort oder weit weg? Wie gestalte ich meine Wohnung und meinen Garten, wie kleide ich mich? Manche Aspekte dieses Lebensbereichs sind sehr gut gestaltbar und beeinflussbar, andere weniger, zum Beispiel die Qualität der natürlichen Umwelt oder das gesellschaftliche Klima, in dem ich lebe.

Sinn & Werte:  Wichtigste Grundlage von Work-Life-Balance ist die Entwicklung und Verinnerlichung eines stimmigen und realistischen Wertesystems. Eine ausbalancierte Gewichtung meiner Lebensbereiche erfordert eine lebendige Beziehung zu meinem persönlichen Wertesystem und eine dauernde Abstimmung auf äußere und innerliche Veränderungen.

Den privat-beruflichen Balanceakt pro-aktiv zu bewältigen, ist eine Fähigkeit, die Menschen oft unbewusst schon haben und praktizieren. Menschen können diese aber auch bewusst entwickeln, zum Beispiel in einem Coaching oder Seminar. Work-Life-Balance ist manchmal wie Surfen auf den Wellen des Lebens – eine Herausforderung die durchaus auch Spaß machen kann.

Was die Seele stark macht: Gesundheitsförderung nach dem Prinzip der Salutogenese

Was ist eigentlich Gesundheit? Nach dem Verständnis der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als die Abwesenheit von Krankheit, sondern ein ‚Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens‘. Psychische Gesundheit gilt für die WHO als ein ‚dynamisches Gleichgewicht des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gesundheit beizutragen‘. Für die Initiative psyGA – psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist sie auch ‚eine unverzichtbare Grundlage, um im modernen Arbeitsleben zu bestehen und sich fachlich wie persönlich entwickeln zu können‘ und ‚wesentlich dafür, das Leben zu genießen und gleichzeitig Schmerzen, Enttäuschung und Unglück zu überwinden. Sie ist eine positive Lebenskraft und ein tiefer Glaube an unsere eigene Würde und unseren Selbstwert‘. Gerade in der westlichen Arbeitswelt nehmen psychische Belastungen und Erkrankungen aber immer mehr zu: eine echte Herausforderung nicht nur für einzelne Betroffene, sondern auch für Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt; schließlich sind die psychische, fysische und soziale Dimension von Krankheit (und Gesundheit) eng miteinander verknüpft. Gesundheitsförderung sollte deshalb nicht nur beim individuellen Verhalten von Menschen, sondern auch bei ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen ansetzen. In diesem Blogbeitrag möchte ich das Konzept der Salutogenese als Grundlage einer solchen, integralen Gesundheitsförderung vorstellen.
'You can't stop the waves', sagte der amerikanische Arzt Jon Kabat-Zinn mal, 'but you can learn to ride them'

‚You can’t stop the waves‘, sagte der amerikanische Arzt Jon Kabat-Zinn mal, ‚but you can learn to ride them‘

Der israelische Arzt und Stressforscher Aaron Antonovsky untersuchte in den 1970’er Jahren die Gesundheit von Frauen, die in der Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegswirren sowie durch die erlebten Kriege nach ihrer Auswanderung nach Israel extrem belastende Lebenserfahrungen gemacht hatten. Als er herausfand, dass fast ein Drittel dieser Frauen dennoch in einem guten psychischen und fysischen Gesundheitszustand war, widmete er sich der Frage nach ihren Gesundheitsressourcen. Antonovsky kam zum Schluss, dass Menschen über vielfältige, unterschiedliche Ressourcen zur Bewältigung von Belastungen verfügen, die er als generalisierte Widerstandsressourcen bezeichnet. Auf der gesellschaftlichen Ebene sind das zum Beispiel tragende soziale Strukturen sowie Frieden und Sicherheit, auf der individuellen Ebene bestimmte persönliche Kompetenzen, Ich-Stärke und soziale Unterstützung. Das beständige Vertrauen auf diese Ressourcen bezeichnet Antonovsky als Kohärenzerleben (’sense of coherence‘), das drei Aspekte hat: – Verstehbarkeit: das Gefühl, auch schwierige und belastende Lebensereignisse letztendlich verstehen, annehmen und einordnen zu können. – Machbarkeit; das Gefühl, den Anforderungen des Lebens durch persönliche oder soziale Ressourcen begegnen zu können. – Sinnhaftigkeit; das Gefühl, dass das Leben und zumindest einige seiner Widrigkeiten auf irgendeine Weise einen Sinn haben und als Herausforderung angenommen werden, und auch eine aktive Lebensbewältigung an sich als Quelle von Lebenssinn empfunden wird. Meine eigenen Seminare zum Thema Work-Life-Balance und Resilienz-Training basieren u.a. auf dem von der Zentralen Prüfstelle Prävention der Krankenkassen zertifizierten Programm zur Förderung psychosozialer Ressourcen ‚Was die Seele stark macht‘, das von Prof. Dr. Gert Kaluza entwickelt wurde. Ein wichtiges Ziel der Seminare ist der Aufbau von persönlichen und sozialen Gesundheitsfaktoren, zur Stärkung des individuellen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens, ganz im Sinne der Salutogenese und der WHO-Gesundheitsdefinition. Ansatz des Programms ist ebenfalls die Förderung psychischer Gesundheit als ‚ein dynamisches, prozesshaftes Geschehen, in dem es gilt, Wohlbefinden in Auseinandersetzung mit den alltäglichen Lebensbedingungen und -anforderungen immer wieder neu herzustellen‘ (Prof. Dr. Gert Kaluza im zugehörigen Trainingsmanual). Das Leben ist schließlich ein Fluss, sagte Aaron Antonovsky sinngemäß, man muss nur lernen, ein guter Schwimmer zu sein.

Burnout in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen – Blogreihe (3) – Persönlichkeit und Umfeld von sozialen Professionals

Zu den Gründen, weshalb Menschen in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen an ihrer Arbeit erkranken, gibt es persönlichkeitszentrierte sowie sozial-, arbeits- und organisationspsychologische Erklärungsansätze. Genau wie bei ihren Klienten, kann auch die Gesundheit von Mitarbeitenden in sozialen Arbeitsfeldern nur im Kontext von Sozialisation, Biografie, Lebens- und Arbeitsumfeld und Gesellschaft betrachtet werden.

Im Folgenden möchte ich ein paar Gedanken von Prof. Dr. Jörg Fengler zum Thema dieser Blogreihe noch mal näher darstellen. In ‚Helfen macht müde: Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und beruflicher Deformation‘ beschreibt er zwei wichtige Faktoren für die Entstehung von Burnout bei Menschen in Helferberufen: Belastungen und berufliche Deformation.

Zur Burnout-Prophylaxe gehört auch eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Privatleben (Bild: dak)
Zur Burnout-Prophylaxe gehört auch eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Privatleben (Bild: dak)

Belastungen in Helferberufen

Selbstbelastung: Fengler vermutet, dass die Wahl eines Helferberufs oft mit der eigenen Biografie zusammenhängt: Die Herausforderung liegt dann laut Fengler darin, eine gute Belance zwischen Identifikation und Abgrenzung zu erreichen, damit die eigene Erfahrung nicht in eine Betroffenheit ausmündet, die die Arbeit eher behindert als ihr nützt. Eine andere Form der Selbstbelastung wäre eine übertriebene Identifikation mit persönlichen Vorbildern oder ein Übermaß an Idealismus, weil zu hoch gesteckte Ideale leicht an der Realität des Helfens zerbrechen.

Belastungen im sozialen Umfeld: Die sozialen Fähigkeiten von Helfern machen sie vielleicht attraktiv für Freunde und Verwandte. Die Gefahr lauert aber laut Fengler, dass die Rolle des Helfers auch im Privatleben im Vordergrund steht, was auf Dauer auf Kosten des eigenen Energiehaushalts geht. Besonders dramatisch tritt dieser Effekt in einer Liebesbeziehung zwischen einem helfenden und einem hilfsbedürftigen Partner auf. Außerdem ist es für das private Gegenüber eines professionellen Helfers frustrierend, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine berufliche Rolle zu verlassen.

Belastungen durch Klienten: In der Dynamik zwischen Helfern und ihren Klienten sind manchmal bestimmte Klienteigenschaften dafür verantwortlich, dass die Arbeitsbeziehung zwischen beiden besonders anstrengend ist, zum Beispiel bei depressiven oder süchtigen Klienten. Professionelle Offenheit gleitet leicht in mangelnde Abgrenzungsfähigkeit ab (mehr zum Unterschied zwischen Mitgefühl und Empathie auf www.compassion-training.org)

Belastungen durch das Team und die Institution: Beispielsweise können sich die Größe oder Zusammensetzung eines Teams negativ auswirken, aber auch das Fehlen von Kontakt, Unterstützung oder Rückmeldung, konzeptionelle Unvereinbarkeiten, Rivalität und Neid oder Erfolglosigkeit. Auf der Institutionsebene erwähnt Fengler Personalknappheit, fehlende institutionelle Unterstützung, institutionelle Rollenkonflikte und das Fehlen von Supervision.

Berufliche Deformation in Helferberufen

Jörg Fengler definiert berufliche Deformation als Gesamtheit der Schädigungen, Verformungen, Fehlentwicklungen, Abnutzungen, Verschleißerscheinungen, Erstarrungen, Fehlorientierungen, Entfremdungen, Realitäts- und Wahrnehmungsverluste und Verkennungen in Erleben, Verhalten und Denken die im Laufe der Berufstätigkeit und durch die Berufstätigkeit bedingt auftreten. Ähnlich wie bei Belastungen unterscheidet er zwischen Deformationen auf der persönlichen Ebene, der Ebene des sozialen Umfelds und des Klientenkontakts und der institutionellen Ebene.

Selbstdeformation: Als Beispiel nennt Fengler die sog. paradigmatischen Scheuklappen, die dazu führen, dass keine offene, unvoreingenommene Wahrnehmung mehr möglich ist. Problematisch ist es auch, wenn Menschen in ihrer Freizeit noch eine therapeutische Haltung bewahren. Außerdem stellt Fengler bei manchen sozialen Professionals eine gewisse Sucht fest, in Fortbildungsseminaren immer wieder neue Methoden zu lernen, aus Angst den eigenen Ansprüchen (oder denen der anderen) nicht gerecht zu werden.

Deformation im sozialen Umfeld: Ein Beispiel dafür ist laut Fengler, wenn Helfer ihren Alltag mit Freunden und Verwandten im Vergleich zu ihrem Berufsleben als langweilig erleben. Mögliche Begleiterscheinungen dieses Empfindens wären, dass auch das private soziale Umfeld mit professionellen Augen betrachtet wird, therapeutische Techniken im Freundeskreis zweckentfremdet werden oder Partner in einer Liebesbeziehung ein Helfer-Klient-Verhältnis pflegen.

Deformation auf der Klientenebene: Beziehungen von Helfern zu ihren Klienten sind manchmal ähnlich eng wie private Beziehungen. Der Unterschied ist aber, dass Klienten abhängig sind von ihren Helfern, was die Auswirkung von Deformationserscheinungen verstärkt. Von Fengler erwähnte Zeichen beruflicher Deformation auf dieser Ebene sind: Verlust von Einfühlungsvermögen, mechanische Akzeptanz, Technisierung der Konfrontation, Schädigung der Urteilsfunktion und Selbstdarstellung therapeutischer Kompetenzen.

Institutionell bedingte Deformation: Auch der Umgang mit Kollegen, dem Team und der Institution birgt eine ganz spezifische Deformationsgefahr in sich. Ein gutes Beispiel ist, wenn Selbsterfahrung in Teams dazu führt, dass Helfer zu sensibel für ihr eigenes Denken, Fühlen und Handeln und eventuelle Gegenübertragungen werden und sie selbst statt ihrer Klienten im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Andere Risikofaktoren sind laut Fengler Konkurrenzdenken, kollegiale Subkulturen sowie mangelnde Leitung und institutionelle Unterstützung.

Burnoutprävention in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen – Blogreihe (1) – Einführung

Arbeitnehmer müssen heutzutage häufig ein hohes Maß an Fremdbestimmung und zunehmende Leistungsanforderungen mit ihrer persönlichen Gesundheit in Einklang bringen. Dass das nicht immer gelingt, wird schon erkannt, seit Forscher sich aktiv mit der Gesundheit arbeitender Menschen beschäftigen. Etliche Menschen leiden irgendwann unter dem Gefühl, durch ihre Arbeit ausgebrannt zu sein.

1974 hat der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger in einem Artikel für das Journal of Social Issues dieses Phänomen erstmals als Burnout bezeichnet. Freudenberger bezieht sich in seinem Beitrag auf Sozialarbeiter, Ärzte und Psychologen in einer Klinik, die ursprünglich durchaus engagiert waren, aber irgendwann an Symptomen wie Erschöpfung und Müdigkeit litten (Freudenberger, 1974). Welche Gründe gibt es nun dafür, dass gerade professionelle Helfer häufig an Burnout erkranken?

Balance halten zwischen Fürsorge für andere und für sich ist eine Herausforderung in sozialen Berufen (Bild: dak)

Der Psychologe Wolfgang Schmidbauer hat sich als ’Erfinder’ des Helfersyndroms viele Gedanken zu diesem Thema gemacht. Während spontane Hilfsbereitschaft laut Schmidbauer zu allen Kulturen gehört und rollengebundene Hilfsbereitschaft ein Kennzeichen aller arbeitsteiligen Gesellschaften ist, bezeichnet das „Helfersyndrom“ ein schädliches und unprofessionelles Helfen, ein suchtartiges Verhalten, in dem das Helfen der „Abwehr anderer Gefühle“ dient. Außerdem vermutet er, dass der sog. Helfersyndrom-Helfer soziale Beziehungen meidet, in denen er nicht der Gebende, der Stärkere, der Versorgende ist.

Das Helfersyndrom betrachtet er als einen der wichtigsten Risikofaktoren für Burnout in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen. Mittlerweile wird der Begriff des Helfersyndroms auch von Laien in der Alltagssprache häufig benutzt; manchmal auf plakative Art, nicht zuletzt zum Ärger Schmidbauers selbst, wie er schreibt in seinem Buch ‚Helfersyndrom und Burnout-Gefahr‘ (München 2002). Schmidbauer glaubt an einen dauernden Entwicklungsprozess der Motive sozialer Professionals. Für diesen Prozess brauche es eine permanente reflexive Evalution in sogenannten lernenden Organisationen.

Aus Untersuchungen geht laut Schmidbauer hervor, dass Pflegekräfte vor Burnout geschützt sind, wenn sie sich von ihrem Team und ihren Vorgesetzten unterstützt und anerkannt fühlen, sich in ihrer Arbeit geistig herausgefordert fühlen, sich in einem dauernden Lernprozess erleben, aktiv gegen Belastungen vorgehen, Balance halten zwischen Arbeit und Privatleben, ihren Selbstwert nicht nur von beruflicher Anerkennung abhängig machen, sich autonom fühlen in ihrer Arbeit und diese engagiert mitgestalten (dürfen).

Der Kölner Professor für Heilpädagogik Jörg Fengler führt Burnout in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen in ‚Helfen macht müde: Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und beruflicher Deformation‘  auf eine Vielzahl von persönlichen und institutionellen Faktoren zurück: Belastungen in Familie und Partnerschaft, institutionelle Belastungen wie negative Teamdynamik, Arbeitsüberlastung und mangelnde Anerkennung. Er sieht durchaus auch in der Person des Helfers liegende Risikofaktoren, die dann aber laut Fengler weniger mit Veranlagung oder Sozialisation, sondern eher mit beruflicher Deformation zu tun haben. Denn gerade weil professionelle Helfer auf der Beziehungsebene arbeiten, seien sie sehr anfällig für persönliche Veränderungen oder Störungen, die die Dynamik im Klientenkontakt positiv oder negativ beeinflussen. Im dritten Teil dieser Blogreihe werde ich Fenglers Gedanken noch weiter ausführen.

Der Fokus dieser Blogreihe liegt in der Betrachtung von Risikofaktoren in Zusammenhang mit der Person des Erkrankten und seinem direkten (Arbeits-)umfeld. Aber auch die gegenwärtigen Sparmaßnahmen und die damit verbundene Arbeitsüberlastung in den Bereichen Gesundheit, Beratung & Soziales fördern meiner Meinung nach die Häufung von Burnout in diesen Arbeitsfeldern – es ist zugleich ein persönliches und gesellschaftliches Thema.