Nachdem Herbert Freudenberger in seiner Studie (siehe Einführung dieser Blogreihe) erstmals die Bezeichnung Burnout eingeführt hatte, wurden immer wieder unterschiedliche Definitionen dieses Zustands formuliert. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung mittlerweile nicht mehr nur für Angehörige helfender Berufe, sondern auch für andere Berufsgruppen verwendet.
Die Aufweitung und Popularisierung des Begriffs hat das Finden einer allgemein gültigen Definition von Burnout nicht gerade erleichtert. In der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD-10) wird Burnout als „Ausgebranntsein“ und „Zustand der totalen Erschöpfung“ beschrieben, als Syndrom das auf Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung hindeutet. Im Gegensatz zur Depression ist es aber keine eigentliche Behandlungsdiagnose einer Erkrankung im medizinischen Sinne.
Burkhard Gusy schreibt in ‚Stressoren in der Arbeit, soziale Unterstützung und Burnout – eine Kausalanalyse‘ (München 1995): „Nicht also die helfende Interaktion, sondern die Beanspruchung durch den arbeitsbedingten Kontakt zu anderen Menschen wird somit zum Kernstück von Burnout. Was allerdings das Charakteristische an helfenden Interaktionen ist und ob und wie sich diese von anderen Interaktionen unterscheiden, ist nicht genauer herausgearbeitet.“
Einige der Symptome beziehen sich scheinbar aber schon besonders auf die gesundheitlichen Herausforderungen von Menschen in in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen: Der niederländische Arbeitspsychologe Wilmar Schaufeli beschreibt in seiner Symptomliste zum Beispiel soziale Symptome im Umgang mit Klienten: der Verlust positiver Gefühle ihnen gegenüber, die Verschiebung von Klientenkontakten, Widerstand gegen Anrufe und Besuche von Klienten und die Unfähigkeit, sich auf Klienten zu konzentrieren oder ihnen zuzuhören. Im Umgang mit Kollegen machen sich verstärkt Isolierung und Rückzug sowie die Vermeidung von fachlichen Diskussionen bemerkbar. Als Einstellungssymptome stellt Schaufeli eine Stereotypisierung von Klienten, Zynismus, schwarzer Humor, verminderte Empathie, Demonstrationen von Machtlosigkeit, Desillusionierung und Verlust von Idealismus fest.
Burnout ist ein Prozess, der sich über Jahre anbahnen und hinziehen kann. Prof. Dr. Matthias Burisch versucht in ‚Das Burnout-Syndrom — Theorie der inneren Erschöpfung‘ verschiedene Phasen und zugehörige Symptome dieses Prozesses zu beschreiben. Er is allerdings, wie auch Verfasser ähnlicher Burnout-Phasenmodelle (z.B. Maslach und Freudenberger) der Meinung, dass die Abgrenzung der Stadien letztendlich willkürlich und die angegebene Reihenfolge nicht zwangsläufig ist.
Auffällig ist, dass einige Merkmale der von ihm beschriebenen Burnoutphasen sich ebenfalls besonders auf Arbeitsprozesse von professionellen Helfern mit häufigen Kontakten zu Klienten beziehen, zum Beispiel: vermehrtes Engagement für (unrealistische) Ziele in der Anfangsphase; reduziertes Engagement für Klienten oder Patienten, größere Distanz und Aufmerksamkeitsstörungen in der Interaktion mit Klienten in de zweiten Phase. Die dritte Phase wird geprägt von emotionalen Reaktionen wie verminderte Selbstachtung, unbestimmte Angst und Nervosität sowie reduzierte emotionale Belastbarkeit, Aggression und häufige Konflikte mit Anderen.
Weitere Phasen sind laut Burisch gekennzeichnet von einem Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Motivation und Kreativität sowie von Widerstand gegen Veränderungen; von einer Verflachung des emotionalen, sozialen und geistigen Lebens; von psychosomatischen Reaktionen wie Schwächung der Immunreaktion, Unfähigkeit zur Entspannung, sexuelle Probleme, Herzklopfen, Atembeschwerden, erhöhter Blutdruck, Muskelverspannungen, Rückenprobleme, Magen-Darm-Beschwerden.
Oft geht der Burnout-Prozess mit einem erhöhten Konsum von Alkohol, Kaffee, Tabak und Drogen einher. In einer siebten, letzten Phase beschreibt Burisch eine allgemeine negative Einstellung zum Leben, Hoffnungslosigkeit, Gefühle der Sinnlosigkeit, Selbstmordabsichten und existentielle Verzweiflung oder Ängste.
Das Erschöpfungssyndrom Burnout ergibt sich meistens aus einer ungünstigen Mischung von persönlichen und beruflichen Bedingungen. Der Schlüssel zur Vermeidung und Bewältigung von Burnout liegt darin, diese Bedingungen zu erörtern und anschließend womöglich zu verändern oder zumindest besser damit umzugehen zu lernen. Tieferliegende somatische oder psychische Ursachen sollten ärztlich oder psychotherapeutisch angegangen werden.
Wenn Menschen bereits länger unter starkem Stress leiden oder sich gar nicht mehr arbeitsfähig fühlen, sollten die Gründe grundsätzlich immer mit einem Arzt geklärt werden. Wichtig ist auch, gerade in Krisen den Kontakt zu wichtigen Mitmenschen (möglichst auch zu Kollegen) zu pflegen und im Alltag wieder einen Zugang zu persönlichen Ressourcen der Kraft zu finden.