Arbeitnehmer müssen heutzutage häufig ein hohes Maß an Fremdbestimmung und zunehmende Leistungsanforderungen mit ihrer persönlichen Gesundheit in Einklang bringen. Dass das nicht immer gelingt, wird schon erkannt, seit Forscher sich aktiv mit der Gesundheit arbeitender Menschen beschäftigen. Etliche Menschen leiden irgendwann unter dem Gefühl, durch ihre Arbeit ausgebrannt zu sein.
1974 hat der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger in einem Artikel für das Journal of Social Issues dieses Phänomen erstmals als Burnout bezeichnet. Freudenberger bezieht sich in seinem Beitrag auf Sozialarbeiter, Ärzte und Psychologen in einer Klinik, die ursprünglich durchaus engagiert waren, aber irgendwann an Symptomen wie Erschöpfung und Müdigkeit litten (Freudenberger, 1974). Welche Gründe gibt es nun dafür, dass gerade professionelle Helfer häufig an Burnout erkranken?
Der Psychologe Wolfgang Schmidbauer hat sich als ’Erfinder’ des Helfersyndroms viele Gedanken zu diesem Thema gemacht. Während spontane Hilfsbereitschaft laut Schmidbauer zu allen Kulturen gehört und rollengebundene Hilfsbereitschaft ein Kennzeichen aller arbeitsteiligen Gesellschaften ist, bezeichnet das „Helfersyndrom“ ein schädliches und unprofessionelles Helfen, ein suchtartiges Verhalten, in dem das Helfen der „Abwehr anderer Gefühle“ dient. Außerdem vermutet er, dass der sog. Helfersyndrom-Helfer soziale Beziehungen meidet, in denen er nicht der Gebende, der Stärkere, der Versorgende ist.
Das Helfersyndrom betrachtet er als einen der wichtigsten Risikofaktoren für Burnout in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen. Mittlerweile wird der Begriff des Helfersyndroms auch von Laien in der Alltagssprache häufig benutzt; manchmal auf plakative Art, nicht zuletzt zum Ärger Schmidbauers selbst, wie er schreibt in seinem Buch ‚Helfersyndrom und Burnout-Gefahr‘ (München 2002). Schmidbauer glaubt an einen dauernden Entwicklungsprozess der Motive sozialer Professionals. Für diesen Prozess brauche es eine permanente reflexive Evalution in sogenannten lernenden Organisationen.
Aus Untersuchungen geht laut Schmidbauer hervor, dass Pflegekräfte vor Burnout geschützt sind, wenn sie sich von ihrem Team und ihren Vorgesetzten unterstützt und anerkannt fühlen, sich in ihrer Arbeit geistig herausgefordert fühlen, sich in einem dauernden Lernprozess erleben, aktiv gegen Belastungen vorgehen, Balance halten zwischen Arbeit und Privatleben, ihren Selbstwert nicht nur von beruflicher Anerkennung abhängig machen, sich autonom fühlen in ihrer Arbeit und diese engagiert mitgestalten (dürfen).
Der Kölner Professor für Heilpädagogik Jörg Fengler führt Burnout in Gesundheitsberufen, beratenden & sozialen Berufen in ‚Helfen macht müde: Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und beruflicher Deformation‘ auf eine Vielzahl von persönlichen und institutionellen Faktoren zurück: Belastungen in Familie und Partnerschaft, institutionelle Belastungen wie negative Teamdynamik, Arbeitsüberlastung und mangelnde Anerkennung. Er sieht durchaus auch in der Person des Helfers liegende Risikofaktoren, die dann aber laut Fengler weniger mit Veranlagung oder Sozialisation, sondern eher mit beruflicher Deformation zu tun haben. Denn gerade weil professionelle Helfer auf der Beziehungsebene arbeiten, seien sie sehr anfällig für persönliche Veränderungen oder Störungen, die die Dynamik im Klientenkontakt positiv oder negativ beeinflussen. Im dritten Teil dieser Blogreihe werde ich Fenglers Gedanken noch weiter ausführen.
Der Fokus dieser Blogreihe liegt in der Betrachtung von Risikofaktoren in Zusammenhang mit der Person des Erkrankten und seinem direkten (Arbeits-)umfeld. Aber auch die gegenwärtigen Sparmaßnahmen und die damit verbundene Arbeitsüberlastung in den Bereichen Gesundheit, Beratung & Soziales fördern meiner Meinung nach die Häufung von Burnout in diesen Arbeitsfeldern – es ist zugleich ein persönliches und gesellschaftliches Thema.